Von Hobbits und anderen Gestalten

Die ersten beiden Arbeitstage liegen hinter uns, und viel ist passiert. Außerdem haben wir noch mit einer Gruppe einen Ausflug zu den beiden Friedenskirchen in Schlesien gemacht. Aber lest doch selbst!

Am Donnerstag war der erste richtige Arbeitstag. Ab jetzt war ich auf mich allein gestellt, den Lukas hat den Tag im Kindergarten verbracht. Ich hingegen habe mich mit der Tagesgruppe der Senioren beschäftigt und etwas im Büro gearbeitet. Um den Tag zusammen zu fassen: Es hat echt viel Spaß gemacht! Der Weg zur Tagesgruppe ist nicht weit, denn sie haben ihre Räume in unserem Gebäude. So bin ich um neun losgegangen, zwei Stockwerke nach unten gegangen und war um neun am Arbeitsplatz. Und richtig gearbeitet wurde auch noch nicht direkt, denn die Senioren scheinen so ähnlich zu leben wie Hobbits, es gab zu Beginn ein zweites Frühstück, und auch für mich war noch ein Stück Kuchen da. An diesem Tag waren fünf dieser Hobbits da, und alle waren von Anfang sehr offen und freundlich. Einige leiden zwar an Demenz und haben eher passiv zugeschaut, während ziemlich viel geredet haben. Allerdings auf polnisch. Die Leiterin der Tagesgruppe konnte zum Glück Englisch, und so konnte auch ein Gespräch entstehen. Im Verlauf des Vormittags haben wir dann angefangen einige Spiele zu spielen. Es waren eher einfach Aufgaben, so sollte man zum Beispiel Gegenstände aus dem Zimmer nennen. Aber genau diese Spiele brauchte ich, und dank des Bilderwörterbuches, wo unter anderem auch die Namen von Möbelstücken aufgelistet waren, konnte ich mich gut beteiligen. Und neben einigen Vokabeln konnte ich beim Dominospiel auch die Zahlen lernen. Zwar nur von Eins bis Sechs, aber das war ja in der Schule nicht anders. Mittags konnte ich danach noch mit den Senioren im Restaurant der Gemeinde essen, und konnte so gut gesättigt in das Büro gehen. Alles in allem hat mir der Vormittag in der Tagesgruppe viel Spaß gemacht, und ich hoffe, ich kann mich jedes Mal etwas mehr beteiligen.

 

Auf dem Weg ins Büro habe ich auch noch Maryna getroffen, und sie konnte an meinem Lächeln ablesen, das mir der Vormittag Spaß gemacht hat. Im Büro wurden die Aufgaben dann etwas langweiliger, denn ich habe dabei geholfen, Formulare für die Finanzierung meines Dienstes auszufüllen. Mein Gott ist das undurchsichtig und kompliziert. Wir werden bestimmt noch ein paar mal die Dokumente verbessern müssen, die Wahrscheinlichkeit Fehler einzubauen ist einfach zu groß. Die restliche Zeit im Büro habe ich genutzt, um den Deutschunterricht mit der Jugendgruppe der Gemeinde vorzubereiten. Los geht es am Dienstag, ich bin gespannt wie das ohne wirkliche Polnischkenntnisse ablaufen wird.

 

Am Freitag haben die Aufgaben von Lukas und mir rotiert, und somit war ich im Kindergarten aktiv. Die Arbeit dort hat ebenfalls viel Spaß gemacht, allerdings war die Kommunikation etwas schwieriger, denn die Kinder haben nicht begriffen, das sich meine polnisch Kenntnisse sehr in Grenzen halten. So konnte ich meist nur mit einem freundlichen Gesicht und einem Schulterzucken antworten. Irgendwann hatten zumindest die klugen Kinder begriffen, dass man mit mir wohl keine tiefgründigen und philosophischen polnischen Gespräche führen konnte. Mit ihnen konnte ich dann auch meinen Wortschatz etwas erweitern, in dem ich im Sandkasten zum Beispiel verschiedene Formen hochgehalten hab und versucht habe, deren Name auszusprechen. Truskawa, Erdbeere oder samochód, Auto. Beim Essen haben sie sogar von alleine mir einige Vokabeln beigebracht, auch wenn sie bei meinen häufigen Nachfragen schnell mal die Hand vors Gesicht geschlagen haben. Das sah allerdings ganz süß aus. Übrigens gab es hier zwei Mittagessen, bei den Kindern handelt es sich wohl auch um Hobbits. Die Erzieherin, ich glaube sie ist zu groß für einen Hobbit, meiner Gruppe, den grupa zając, der Hasengruppe, hat sogar ihre Deutschkenntnisse aus der Schule aus gekramt und mit meinem kleinen Wörterbuch konnte man sich verständigen. Auf den nächsten Tag im Kindergarten bin ich auch schon gespannt, vielleicht kann ich mir dann auch ein paar Namen mehr merken.

 

Nächste Woche soll auch endlich der polnisch Unterricht für Lukas und mich anfangen, ich freue mich schon darauf. Auch wenn einige Leute Englisch, oder sogar Deutsch können, bin ich ja auch hier, um die Sprache des Landes zu lernen. Und viele Dinge sind wirklich einfacher, wenn ich mich ausdrücken kann. Bis jetzt kann ich unter anderem nicht so gut den Kindern einige Spiele zeigen, denn nur mit Händen und Füßen kann man es nicht wirklich erklären. Und auch den ganzen Fragen, die einem die Kinder stellen, möchte ich nicht mehr nur mit einem fragenden Gesicht und einem Schulterzucken beantworten können.

 

Am Samstag haben wir noch mit der Gruppe zur Ausbreitung des Evangeliums, ein paar ältere Herrschaften, die gerade im Hotel der Gemeinde verweilen, einen Ausflug nach Świdnica zur Friedenskirche gemacht. Nach dem dreißig Jährigen Krieg wurde sie als evangelische Kirche gebaut, wohl zur Versöhnung. Allerdings gab es viele Auflage, unter anderem durfte nur Holz und Lehm als Baumaterial verwendet werden. Ohne Hintergedanken ist das wohl nicht passiert, denn die Friedenskirchen, die zweite ebenfalls in der Nähe haben wir auch besucht, durften auch nicht wie Kirchen aussehen. Stehen tuen sie trotz dieser Baumaterialien immer noch, und die Innenräume waren beeindruckend. Unten könnt ihr euch Fotos anschauen. Die zweite Kirche war zwar etwas staubig, aber in Sachen Ordnung kann ich nicht unbedingt mit dem Finger auf andere Zeigen. Das beste zum Schluss: Wir haben den Weg aufs Dach gefunden. Bis bald!

 

Euer Leopoland

 

 

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Kommentare: 3
  • #1

    Stella (Montag, 12 September 2016 00:03)

    Hey Leo,

    Das klingt ja alles echt super! Unternimm mal eine Reise nach Hamburg mit der Jugendgruppe ;D
    Die Kirchen sehen auch echt schön aus von innen - aber wieso durften die eigentlich von außen nicht wie Kirchen aussehen?

    Liebe Grüße aus Hamburg,
    Stella :)

  • #2

    Leopold (Montag, 12 September 2016 11:17)

    Kuckuck :D

    Beim Bau der Friedenskirchen wurden den Protestanten nach dem Dreißig Jährigen Krieg viele Steine in den Weg gelegt. Die Kirchen durften nur aus Holz, Lehm und Stroh bestehen. Auch ein Glockenturm war für die Kirchen nicht erlaubt. Außerdem durfte die Bauzeit nicht länger als ein Jahr betragen und die Kirche durfte nur außerhalb der Stadt errichtet werden. Es war wohl alles darauf ausgelegt, die Kirchen nicht sehr haltbar zu errichten und die Protestanten zu diskrimminieren. Für den Rest kannst du ja wie ich nochmal den Wikipedia Artikel lesen ;)

    Liebe Grüße aus Wrocław
    Leopold

  • #3

    Stella (Dienstag, 13 September 2016 10:58)

    Ohh ok :o
    Wieder was gelernt...
    Danke! :D