Lernende Lehrer

Der letzte Eintrag auf diesem Blog ist nun fast schon eine Woche her, und da das die erste richtige Arbeitswoche war gibt es natürlich viel zu erzählen.

Am Montag habe ich die Woche aus dem Büro gestartet, denn bisher sind wir jede Woche mindestens einen ganzen Tag im Büro. Die Räume da sind zwar etwas dunkel, aber trotzdem ist die Arbeit sinnvoll. Den Großteil habe ich dazu genutzt, denn Deutschunterricht am Dienstag in der Gemeinde vorzubereiten. Ich habe also verschiedene Ideen gesammelt, gelernt wie man ein Papierschiffe faltet und Internetseiten von Pädagogen aufgerufen. Irgendwann kam Lukas nach seiner Arbeit in der Tagesgruppe dazu, und gemeinsam waren nicht sonderlich produktiver. Aber diese Zeit im Büro ist wirklich sehr praktisch, auch wenn ich generell eine Abneigung gegen Büroarbeit habe. Denn wir müssen für unsere Arbeit sehr viel vorbereiten, sei es der erwähnte Deutschunterricht oder verschiede Feste, die wir im Kindergarten organisieren sollen. Dadurch, dass wir das also während unser Arbeitszeit erledigen haben wir Nachmittags und Abends frei, und das ist wirklich entspannt. Wenn man nach acht Stunden Schule endlich fertig war, standen damals immer noch Hausaufgaben und lernen auf dem Plan. Lernen muss ich hier zwar auch, denn ich möchte mich unbedingt auf polnisch mit den Leuten unterhalten können, aber es ist eine ganz andere Herangehensweise als in der Schule.

Den nächsten Tag habe ich dann in der Seniorengruppe verbracht, zumindest den Vormittag. Hier haben wir wieder verschiedene Spiele gespielt, die das Gedächtnis der älteren Herrschaften fördern sollen, und mir gleichzeitig Vokabeln beibringen. Jetzt weiß ich zum Beispiel, was man hier so frühstückt. Es ist das selbe wie in Deutschland, aber irgendwie viel günstiger. Daran könnte ich mich gewöhnen. Danach haben wir noch mit Knete, Muscheln, Reis und einem Holzbrett Bäume gebastelt. Den Nachmittag habe ich wieder im Büro verbracht, und die letzten Vorbereitungen für unseren Deutschunterricht getroffen. Um Vietel nach fünf waren die beiden Lehrer, also Lukas und ich, in Begleitung von Maryna, auch am vereinbarten Treffpunkt. Insgesamt standen uns da sieben Kinder gegenüber, von denen zwei in meiner Gruppe, den Anfängerkurs, kamen. Aufgrund dieser geringen Menge waren die vorbereiten Aufgaben wie Papierschiffe falten auch viel zu schnell vorbei. Vor allem, weil es nicht für alle eine so neue Aufgabe war wie für mich. Ein Junge konnte sogar schon ein bisschen deutsch, weshalb er von meinen Tafeln mit Vokabeln wie “Guten Tag“ und “Auf Wiedersehen“ auch nicht mehr so viel gelernt hat. Die Kommunikation war dazu auch noch etwas holprig, da ich sie nicht verstanden habe. Nachdem nach zehn Minuten die vorbereiten Aufgaben, die für die ganze Zeit reichen sollten, erledigt waren, waren wir zuerst etwa planlos. Danach haben wir mithilfe der Tafel und verschiedenen Bildern ein paar Vokabeln gelernt. Das hat aufgrund der Spontaneität, Offenheit und Hilfsbereitschaft der beiden Jungs dann auch echt Spaß gemacht. Allerdings glaube ich, dass ich mehr polnisch von ihnen als sie deutsch von mit gelernt haben. Aber ich habe ja noch ein Jahr Zeit.

Die restliche Woche habe ich dann noch zweimal im Kindergarten verbracht, und ein mal in der Seniorengruppe. Im Kindergarten hat das Geschehen draußen auf dem Spielplatz apokalyptische Ausmaße erreicht. Mit hektischen Blicken bin über den Rasen gerannt, habe mich unter winzigen Hängebrücken durchgezwängt und den Atem der Verfolger im Nacken gespürt. Oder eher ihre Schreie. Denn unsere ganze Gruppe, und ein paar Mitläufer aus anderen Gruppen, sind wie wild hinter mir her gerannt, und haben mich danach fast erdrückt. Nur mit geschickten Kitzelattacken konnte ich mich verteidigen. Es war anstrengend, hat aber auch Spaß gemacht und mich gefreut. Die Direktorin meinte später allerdings mit einem Augenzwinkern, dass ich versuchen sollte, eine gewisse Autorität und kein Spielkamarad zu werden, denn sonst würde die Horde irgendwann auf meinem Kopf tanzen. Ich bin mal gespannt, wie ich diese Gradwanerung hinbekomme. Am nächsten Tag sollte ich sie dann jagen, aber so ganz sicher war ich mir am Anfang nicht, denn die Menge an Kindern hat irgendwas gerufen, was ich nicht verstanden habe. Ein kleiner Junge, der ein bisschen Englisch konnte, was mich echt beeindruckt hat, hat dann übersetzt. Und die Kinder haben dann, da sie wohl begriffen, dass ich sie nicht verstehen, nur noch “catch you“ gerufen, wahrscheinlich ohne zu begreifen, was es heißt. Und im Laufe der Zeit hat sich daraus auch eher ein Eigenwort entwickelt. 

Im Moment sitze ich, es ist Freitag, im Intercity nach Bielsko-Biała, der eher einem Eurocity gleicht. Die Abteile hier sind auch etwas enger, mit acht gequetschten Leuten ist es entsprechend warm. Das Ziel dieser Reise ist einer Hochzeit in der Familie meiner Freundin Antonia. Über polnische Hochzeiten hat mal ja schon viel gehört, ich werde für euch herausfinden, was der Wahrheit entspricht. Achso, die schlimmste Nachricht zum Schluss: Mittlerwile wurde der Zugang zum Dach abgeschlossen. 


Euer 

Leopoland

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Kommentare: 1
  • #1

    Paul (Montag, 26 September 2016 13:54)

    Kuckuck